Terra-Geschichten, Folge 9: Kevin will Schlepper fahren

Bei der terra schreibt das Leben besondere Geschichten. Darin geht es um Alltagsmomente und Wünsche, um Fähigkeiten, Entwicklungen und Veränderungen, um Einblicke in das Leben Einzelner. Jede dieser Geschichten ist es wert, erzählt zu werden. So wie die von Kevin, der sich vorgenommen hat, den Schlepperführerschein zu machen.

Töff, töff, töff fährt der Traktor der terra auf dem Hof in Belau an Kevin (Foto) vorbei. Geschickt manövriert ihn „Michi“, ein langjähriger Bewohner mit Schlepperführerschein, übers Kopfsteinpflaster. Kevin blickt hoch zu ihm, stellt sich vor, eines Tages dort oben auch selbst am Steuer zu sitzen.

Das soll für Kevin kein Traum bleiben.

Der (noch) 20-Jährige wohnt seit August 2020 bei der terra und hat sich in der Tagesförderstätte dem Team Landwirtschaft angeschlossen. Heu einbringen, die Tiere versorgen, die Schafe umtreiben, das alles macht ihm Freude. Und wie alle jungen Leute denkt Kevin viel über seine Zukunft nach, schmiedet Pläne. Denn er möchte sich weiterentwickeln, möglicherweise sogar einen richtigen beruflichen Abschluss als Facharbeiter machen.

Auch das muss für Kevin kein Traum bleiben. Und beide Träume, der über das Schlepperfahren und der über eine Berufsausbildung, hängen miteinander zusammen.

Vielleicht eine Ausbildung zum Werker in der Landwirtschaft?

Kevin kann sich durchaus vorstellen, beruflich in der Landwirtschaft zu bleiben. Da trifft es sich gut, dass in Niedersachsen die Ausbildung zum Werker in der Landwirtschaft angeboten wird. Die dreijährige, stark praxisbezogene Lehre richtet sich insbesondere an Menschen mit (Lern)Behinderung, orientiert sich aber trotzdem wesentlich an den Inhalten der üblichen landwirtschaftlichen Ausbildung. Schwerpunktmäßig werden hauptsächlich praktisch, aber auch in gut verständlicher Theorie etwa folgende Inhalte vermittelt:

• zum Ausbildungsbetrieb u.a. Struktur, Aufbau und betriebliche Ergebnisse, Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit, Umweltschutz und Landschaftspflege, rationelle Energie- und Materialverwendung;

• zu Techniken und Organisation der betrieblichen Arbeit, Produktion und Vermarktung die Handhabung, Wartung und Pflege von Maschinen, Geräten und Betriebseinrichtungen, das Wahrnehmen und Einschätzen von Vorgängen, die Vorbereitung und Kontrolle von Arbeiten, die Mitwirkung bei der Lagerhaltung, Vorratswirtschaft, Aufbereitung und dem Verkauf von Produkten;

• zur Pflanzenproduktion das Bearbeiten und Pflegen des Bodens, der Erhalt einer nachhaltigen Bodenfruchtbarkeit, das Bestellen, Pflegen, Ernten und Verwerten pflanzlicher Produkte, das umweltverträgliche Führen von Kulturen;

zur Tierproduktion das Versorgen und Nutzen von Tieren sowie ihre tiergerechte und umweltverträgliche Haltung.

Auf jeden Fall erstmal den „kleinen“ Schlepperführerschein!

Ob sich Kevin tatsächlich für eine Ausbildung zum Werker in der Landwirtschaft entscheiden wird, bleibt abzuwarten. Ein Schritt nach dem anderen. Und der nächste Schritt ist für Kevin erstmal, auf jeden Fall den Schlepperführerschein Klasse L zu machen. „Das wäre schon mal eine schöne Bereicherung und Grundlage für Kevin“, unterstützt ihn terra-Geschäftsführer Henrik Thunecke.

Für diesen sogenannten „kleinen“ Traktorführerschein muss der junge Mann lediglich eine theoretische Prüfung ablegen. Eine praktische Prüfung ist nicht vorgeschrieben – aber die Praxis kann Kevin ja auf dem Hof der terra bekommen. Mit diesem Führerschein in der Tasche hätte er dann die Berechtigung, Zugmaschinen für die Land- und Forstwirtschaft bis 40 km/h Höchstgeschwindigkeit zu führen (mit Hänger: maximal 25 km/h). Das würde zum derzeitigen Schlepper der terra prima passen!

Und trotzdem: Auch die theoretische Prüfung ist bei weitem kein Selbstläufer. Für den vorgeschriebenen Grundlernstoff der Klasse L muss Kevin insgesamt 12 Doppelstunden à 90 Minuten besuchen, um zur Theorieprüfung zugelassen zu werden. Für den vorgeschriebenen Zusatzlernstoff sind mindestens zwei Doppelstunden à 90 Minuten zu absolvieren.

Diesen ganzen Stoff zu erlernen und sich zu merken, ist für den 20-Jährigen durchaus eine Herausforderung. Aber Kevin steht nicht allein damit da, sondern erhält von der terra Unterstützung. Henrik Thunecke hat nämlich Bettina Rühling, eine langjährige Übungsleiterin fürs Lese- und Rechtschreibtraining bei der terra, gebeten, Kevin zu helfen. Sie wird ihn also auf die Fahrschule vorbereiten und auch beim Lernen bis zur Prüfung begleiten.

Das sind doch wunderbare Voraussetzung dafür, dass Kevin seinen Traum schon mal im ersten Schritt wahrmachen und selber Trecker fahren kann. Genau wie der „Michi“. Viel Glück! Alles Weitere findet sich dann.


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