Bei der terra schreibt das Leben besondere Geschichten. Darin geht es um Alltagsmomente und Wünsche, um Fähigkeiten, Entwicklungen und Veränderungen, um Einblicke in das Leben Einzelner. Jede dieser Geschichten ist es wert, erzählt zu werden. So wie die von Marina, die seit einiger Zeit ihre „Spiel-Lust“ entdeckt hat.
Marina sind wir an dieser Stelle schon mal begegnet. Sie hat uns zum Beispiel davon berichtet, wie sich ihr Ruhestand für sie anfühlt und dass sie keineswegs unter Langeweile leidet, seitdem sie nicht mehr bei der terra in der Hauswirtschaft arbeitet. Und auch ihre Liebe zum Orgelspiel hat Marina mit uns hier geteilt. Das alles ist in ihrem Leben so geblieben: Sie musiziert mit ungebrochener Freude, sie besucht weiterhin gern die Tagespflege, und sie widmet sich in ihrer Freizeit auch mit großem Spaß so manch kniffeligem Puzzle.
Nur eines hat sich verändert: Zu allen Aktivitäten ist nun eine neue „Spiel-Lust“ hinzugetreten. Und das kam so:
Nach wie vor lebt die 61-Jährige mit ihrer Katze „Pina“ in Bergen/Dumme in ihrer eigenen Wohnung. Dort wird sie vom Ambulant Betreuten Wohnen (ABW) der terra begleitet. So erhält sie sowohl kompensatorische als auch qualifizierte Assistenz. Zusammengenommen soll diese Unterstützung Marina befähigen, ihren Alltag selbstbestimmt und eigenständig zu bewältigen. Dazu gehört auch, die Freizeit mit freudvollen Aktivitäten zu gestalten, die ganz nebenbei auch erhebliche Lerneffekte haben. Und was wäre dafür geeigneter als ein Spiel?
Für Marina ist es aber nicht irgendein Spiel – es ist Mikado! Fast jeder kennt dieses Geschicklichkeitsspiel. Dabei fallen viele lange dünne Holzstäbe kreuz und quer auf eine weiche Tischunterlage durcheinander. Nun muss Stäbchen für Stäbchen so vorsichtig aus dem Haufen gefischt werden, dass dabei kein weiteres berührt oder bewegt wird. Eine echte Herausforderung, die nach viel Geduld und noch mehr Fingerspitzengefühl verlangt. Dieses Spiel kannte Marina noch von früher – und ließ es nun mit ihrer Assistenzkraft der kompensatorischen Assistenzen wieder aufleben. Na, und ihre Mitspielerin staunte nicht schlecht über Marinas rasch aufblühende Geschicklichkeit!
Tatsächlich hat die Rentnerin seit neuestem aber noch eine zweite, noch größere Spielleidenschaft gepackt, und zwar für „Skip-Bo“! Dieses Kartenspiel hatte ihr die Assistenzkraft vorgestellt, und Marina war dafür sofort Feuer und Flamme. Schon sehr bald besaß sie ihre eigene Ausgabe des Spiels, da konnte es dann erst richtig losgehen! Schritt für Schritt hat sie sich mithilfe der qualifizierten Assistenz die Spielregeln erschlossen, was gar nicht so einfach war. Denn hier gilt es, Zahlen auf den Karten aneinanderzureihen, dabei stets den eigenen wie den gegnerischen Kartenstapel und dazu noch seine Handkarten im Auge zu haben sowie zusätzlich bei jeder Runde auch eigene Ablagestapel als Reserve zu bilden.
Das alles ging am besten durch „learning by doing“ – sowie durch ein Spielbrett, dass Marina und ihre Assistenzkraft kurzerhand selbst gestaltet haben, weil es so etwas für Kartenspiele nicht zu kaufen gibt. Auf diesem Spielfeld sind nun alle Funktionen gut sichtbar: hier das Feld für den großen Kartenstapel in der Mitte, der die Handkarten der Mitspielerinnen füttert, daneben die vier Felder, auf denen die Zahlenreihen gebildet werden müssen, und dann noch das Feld für den eigenen Stapel, neben den jeder außerdem zusätzlich noch seine vier Hilfsstapel für sich anlegen darf. Klingt kompliziert? Ist es auch! Zumindest solange, bis man dieses Kartenspiel beherrscht. Dann aber macht es riesigen Spaß und entwickelt fast Suchtcharakter!
Genau deshalb fordert Marina ihre Assistenzkräfte nun immer zu neuen Runden „Skib-Bo“ heraus – und freut sich diebisch, wenn sie mal wieder gewonnen hat!
Das Foto links zeigt Marina beim „Mikado“-Spiel, das rechte Bild zeigt das selbstgemachte Spielfeld für eine Partie „Skip-Bo“.