Terra-Geschichten, Folge 14: Detlef, der Umweltschützer

Bei der terra schreibt das Leben besondere Geschichten. Darin geht es um Alltagsmomente und Wünsche, um Fähigkeiten, Entwicklungen und Veränderungen, um Einblicke in das Leben Einzelner. Jede dieser Geschichten ist es wert, erzählt zu werden. So wie die von Detlef. Dem Terraner liegen nämlich eine saubere Umwelt und nachhaltiges Leben sehr am Herzen.

Kaum zu glauben, aber wahr: Jeder einzelne Mensch in Deutschland produziert jedes Jahr über 600 Kilogramm Müll. In die Jahre gekommene Bekleidung, Wollreste, kaputte Fahrradschläuche, Kleinmöbel, Alltagsgegenstände, die olle Vase von der Großtante  –  einfach weg damit! „Dabei sind viele Sachen, die im Restmüll landen, noch gut und nützlich“, sagt Detlef. Der 63-Jährige weiß, wovon er redet, denn im Laufe seines Lebens hat er sich in dieser Frage zu einem richtigen Experten entwickelt.

Wie bitte – Experte in Müllfragen? Jawohl, so ist es. Und das in gleich mehrerer Hinsicht:

Erstens: Detlef sortiert, trennt und entsorgt Müll

Diese Aufgabe fällt nämlich bei der terra in die Zuständigkeit des Teams Landwirtschaft/Garten, in dem Detlef in der Tagesförderstätte schon seit vielen Jahren als Teilzeitkraft tätig ist. Hier kümmert man sich also nicht nur um die Versorgung der Tiere auf dem Hof in Belau oder die Bearbeitung der zur terra gehörigen Nutzflächen, sondern selbstverständlich auch um die Abfallbeseitigung. Fein sortiert für die Papiertonne, verschiedene Wertstoffbehälter, den Kompost, den Sperrmüll oder den Rest- bzw. Hausmüll.

Zweitens: Detlef hat als aktiver Umweltschützer eine Botschaft

Werft euren Müll nicht achtlos auf die Straße, an den Wegesrand oder gar in die Natur! Es macht Detlef nämlich fuchsteufelswild, wenn er unterwegs auf derartige Freveltaten stößt. „Unmöglich, was da überall zu finden ist“, schimpft der gebürtige Berliner: leere Zigarettenschachteln auf dem Wanderweg, zerfetzte Plastiktüten zwischen Farn und Moosen, gebrauchte Corona-Masken auf dem Bürgersteig, ausgekratzte Farbeimer im Gebüsch, Sperrmüll am Waldesrand. Detlef ist wirklich empört, wo die Leute überall ihre abscheulichen Spuren hinterlassen. Selbst Bauschutt, ausgediente Elektrogeräte oder lackiertes Altholz hat er in der Natur schon gesichtet. „Die Leute wissen gar nicht, was sie der Umwelt, dem Boden und Grundwasser damit antun!“, sagt er.

Und da Detlef viel mit seinem Motorroller unterwegs ist, und das oft auch noch mit einem Hänger hintendran, fährt er an entdecktem Abfall nicht einfach vorbei, sondern hält an und sammelt den Müll ein, um ihn später ordnungsgemäß zu entsorgen. So kommt in seinem Leben fast jeden Tag eine gute Tat hinzu.

Drittens: Detlev ist ein passionierter „Flaschenretter“…

… und das schon seit seinem 15. Lebensjahr.Dafür bückt er sich einerseits für jede Einwegflasche aus Plastik oder Glas, die ohne jedes Umweltbewusstsein einfach irgendwo stehengelassen oder weggeworfen wurde. Dann denkt er sich „So geht das nicht!“ und führt den Müll der richtigen Entsorgung zu.

Andererseits ist er aber auch immer wieder verwundert, wieviele Pfandflaschen sich unterwegs oder auch in Altglascontainern finden lassen. „Die müssen gerettet werden“, findet Detlef. Dafür hat er sich sogar eigens einen speziellen Helfer gebaut – und zwar einen besonderen Haken aus einer alten Gardinenstange. Damit „angelt“ Detlef in Bergen, Clenze oder Schnega, also im Umkreis von rund fünf Kilometern zu seinem Wohnort Belau, die Pfandflaschen aus dem Altglas und tauscht sie im Supermarkt ein. Ein schönes zusätzliches Taschengeld für ihn: „Und wenn eine Bierflasche nur 8 Cent bringt, ist doch egal. Kleinvieh macht auch Mist!“ Und außerdem gelangen die Pfandflaschen auf diese Weise in den Kreislauf des Mehrwegsystems zurück – schon wieder eine gute Tat!

Viertens: Detlef gehört zu den „Upcyclern“ der ersten Stunde

Das muss erklärt werden:

Recycling ist heutzutage schon sehr bekannt. Es bedeutet: Ein abgenutztes Produkt wird in seine Rohstoffe zerlegt, um diese wiederzuverwendet. Wie z.B. bei Pfandflaschen oder Altmetallen, die jeweils eingeschmolzen werden, um daraus neue Flaschen oder Metallgegenstände zu produzieren.

Upcycling wiederum bedeutet, aus einem nicht mehr nützlichen Gegenstand einen neuen anzufertigen, der auch einen neuen Zweck hat. Beispiele sind: eine Lichterkette aus alten Joghurtbechern basteln oder einen Einkaufsbeutel aus einer abgelegten Jeanshose oder einem alten T-Shirt zu nähen.

Genau das ist Detlefs persönliche Leidenschaft: Sie beschränkt sich nämlich nicht nur darauf, ausgediente Dinge zu sammeln, sondern aus ihnen mit viel Kreativität und Geschick etwas Neues entstehen zu lassen. Dabei verwendet er nicht immer den ganzen alten Gegenstand, sondern oft auch nur Teile davon. Wie bei seinem neuen Klemmbrett (Foto oben links), das er aus einem alten Regalbrett und dem herausgelösten Klemmsystem eines alten Ordners zusammenmontiert hat. Ein wirklich praktischer Alltagshelfer!

Der Terraner braucht aber auch für seinen Roller sowie sein Fahrrad verschiedene Anhänger als Alltagshelfer, die er manchmal auch verleiht. Zum Teil hat er seine Hänger auch schon selbst gebaut, beispielsweise aus einem alten IKEA-Regal. Der Kreativität sind beim Upcycling eben keine Grenzen gesetzt. Das betrifft auch neu kreierte Einrichtungsgegenstände, mit denen Detlef sein Zuhause bereichert. Und macht auch vor seiner Puppe Leon nicht Halt, die von ihm ein neues Puppenbett aus „gerettetem“ Altholz, eine selbstgehäkelte Mütze aus Wollresten sowie nagelneue handgenähte Bekleidung aus Stoffresten bekommen hat (Foto oben rechts).

Detlef, ein richtig guter „Mitmensch“

Als ehemaliger Berliner pflegt Detlef mit seinen 63 Jahren auch heute noch ein sehr humorvolles, aber auch direktes Wort. Und weil er eine so ehrliche Haut ist, auch über sich selbst. So gibt er beispielsweise zu, dass seine ausgeprägte Sammelleidenschaft auch eine Kehrseite hat. „Ich muss aufpassen, dass ich bei mir zu Hause nicht alles vollstelle“, sagt er augenzwinkernd. „Ich kann mich nämlich schlecht von Sachen trennen.“ Detlef wohnt jetzt schon seit vielen Jahren in Belau zusammen mit einem Mitbewohner in einer echten Männer-Wohngemeinschaft. Die Wohnung haben die beiden von der terra gemietet. Und er legt natürlich viel Wert darauf, mit seinem Mitbewohner harmonisch auszukommen. Dabei fühlt sich Detlef seit 2013 vom Ambulant Betreuten Wohnen (ABW) der terra super unterstützt. „Und das bedeutet manchmal eben auch, ihm zuweilen beim Aussortieren seiner gesammelten Schätze zu helfen“, berichtet die pädagogische Assistenzkraft Christina vom ABW, während Detlef dabei wissend schmunzelt. Begleitende Assistenz erhält er zudem beim wöchentlichen Einkauf oder beim Lesen verschiedener Schriftstücke.

Sehr oft wird bei den regelmäßigen Zusammenkünften mit dem ABW aber einfach auch nur viel „gequatscht“. Dann bespricht Detlef beispielsweise Erlebnisse, die ihn beeindruckt haben, oder er erzählt von seinen vielfältigen Aktivitäten etwa bei der Freiwilligen Feuerwehr im Nachbarort Nienbergen. Dort ist er schon seit 26 Jahren Mitglied und beteiligt sich hilfsbereit an Maßnahmen und Einsätzen zur Instandhaltung. Auch hier ist Detlef Teil einer starken Gemeinschaft, in der sich alle dem Wohl der Menschen und der Umwelt widmen und zugleich auch viel Spaß miteinander haben. Nicht selten sind auch Einladungen aus Detlefs weiteren Freundes- oder Bekanntenkreisen Thema der Gespräche. Diese Kontakte außerhalb der terra oder der Dorfgemeinschaft in Belau und beispielsweise auch das Dabeisein bei Feiern sind ihm nämlich wichtig.

Ach ja, und natürlich ist Detlef mit seiner unnachahmlichen Art auch im Team der Tagesförderstätte ein gern gesehener Kollege. Zudem fehlt er auf dem Hof in Belau auch nur selten bei einer Feier – mehr noch: hilft dann tatkräftig mit, beispielsweise beim Bierzapfen auf der Tenne. Das kann nämlich kaum jemand so gut wie er!


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