Symposium „Land-Schafft-Leben.“

Die „terra“ hat ihren 40. Geburtstag Mitte August 2019 nicht nur mit einem herrlichen Fest und vielen Gästen in Belau gefeiert, sondern ihn 14 Tage später dort auch mit einem Symposium begangen. An diesem Fachtag ging es vor allem um das Zusammenspiel von fachlicher Theorie und Lebenspraxis. Das Symposium stand unter dem Titel „Land-Schafft-Leben. Inklusion schaffen über Vernetzung von Landwirtschaft, betreutem Wohnen und ländlichem Raum – ein tragfähiges Konzept?“

Auf dem „terra“-Symposium referierten u.a. folgende Expertinnen zum Thema:

• Rebecca Kleinheitz sprach für das „Arbeitsfeld Landwirtschaft mit allen – für Menschen mit und ohne Behinderung“, kurz „alma“ genannt. Diese Initiative wird vom Verein zur Förderung der Beschäftigung von Menschen mit Behinderung in der Landwirtschaft e.V. getragen. Sie berät landwirtschaftliche Betriebe, soziale Anbieter und Menschen mit Behinderung. Kleinheitz legte überzeugend dar, dass Teilhabe am Arbeitsleben ein wesentliches Element der Teilhabe an Normalität ist. Als ein wichtiges Kriterium für die Attraktivität von Arbeitsplätzen für Menschen mit Behinderung nannte die Expertin u.a. die Möglichkeit, positives Selbsterleben zu erfahren. Darüber hinaus müsse der Arbeitsplatz die Möglichkeit zur individuellen Selbstentfaltung sowie zum Aufbau von Beziehungen bieten, Zugang zu passenden Herausforderungen gewähren und ebenso die Teilhabe an allgemeinen gesellschaftlichen Prozessen inkludieren. In „grünen Arbeitsbereichen“, wie die „terra“ sie anbietet, sah Kleinheitz besondere Potenziale, diese Anforderungen zu erfüllen. 

• Christina Kuhn war von Demenz Support Stuttgart angereist. Sie referierte über die Umweltqualitäten eines Bauernhofes für demenziell veränderte Menschen mit Behinderung und bezeichnete landwirtschaftliche Gehöfte für die Betroffenen als gute Lebensorte. Laut wissenschaftlichen Erkenntnissen haben Menschen mit Lernschwierigkeiten ein drei- bis vierfach erhöhtes Risiko, an Demenz zu erkranken. So ist z.B. bereits jede dritte Person mit Down-Syndrom im Alter von 50 bis 59 Jahren von Demenz betroffen. Auch starke Umweltreize können demenzkranke Menschen laut Kuhn stark stressen. Das Leben auf einem Bauernhof inmitten der Natur mindert dagegen ihren Stress nachweislich, reduziert Weglauftendenzen und verbessert den Schlaf. Auch der Umgang mit den Tieren wirkt sich positiv auf das Lebensgefühl von behinderten wie nicht-behinderten Menschen mit Demenz aus. Wichtig bleiben nach Kuhn aber die Kompetenz und das Wissen der Mitarbeitenden in möglichst multiprofessionellen Teams. Für ein positives Lebensgefühl der Menschen mit Demenz benennt Kuhn vier zentrale Säulen: Wertschätzung erfahren, tätig sein können, in eine Gemeinschaft eingebunden sein sowie Hoffnung schöpfen und Urvertrauen haben können. Die Arbeit der „terra“ fusst auf genau diesen Säulen!

• Cornelia Rundt, Niedersachsens Sozialministerin a.D., führte auf dem Symposium folgende zentralen Aussagen detailreich und argumentationsstark aus:

– Inklusion im ländlichen Raum macht absolut Sinn. Es führt zu einer Win-Win-Situation aller Beteiligten, wenn nur die Chancen erkannt werden. 

– Das durch die UN-Konvention gestärkte Wunsch- und Wahlrecht kann Wohn- und Arbeitsangebote für Menschen mit Behinderung im ländlichen Raum sehr beflügeln. 

– Der Erhalt ländlicher Infrastruktur der Daseinsvorsorge nutzt allen, insbesondere den ländlichen Kommunen. 

Wörtlich sagte Rundt: „Vergessen wir nicht: Eingliederungshilfe in Niedersachsen, das sind jährlich mehr als 2,3 Mrd. Euro. Das ist Wirtschaftskraft und Wirtschaftsmacht, die es zu nutzen und zu steuern gilt!“ 


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