Krieg in der Ukaine: Nachrichten und Bilder bedrücken

Stand Mitte Mai: Der vom russischen Präsidenten Wladimir Putin befohlene Angriffskrieg gegen die Ukraine tobt jetzt schon seit dem 24. Februar 2022. Seitdem stürmen entsetzliche Nachrichten und immer brutaler werdende Bilder auf uns ein. Auch auf die Bewohner*innen der terra.

Die Nachrichten und Bilder konfrontieren uns mit dem unermesslichen Leid der ukrainischen Bevölkerung, auf deren Köpfe Bomben und Raketen niedergehen. Wir sehen zerstörte Städte, Dörfer, Wohnviertel, Schulen, Krankenhäuser, Kindergärten. Wir erfahren von Babys, die in der Ukraine in Bunkern, U-Bahnstationen oder Kellern weinen. Wir wissen, dass mittlerweile über sieben Millionen Menschen, hauptsächlich Frauen, Kinder und Alte, innerhalb der Ukraine auf der Flucht sind. Und dass bisher mehr als vier Millionen Menschen in Nachbarländer flohen. Parallel dazu haben wir Putins verstörende nukleare Drohgebärden vernommen und sind von all dem fassungslos.

Mehr noch: Die unerträglichen Nachrichten und Bilder machen uns Angst, auch in Deutschland. Den Hochaltrigen, weil sie solche Szenarien schon selbst durchlitten haben. Der nachfolgenden Generation, die mit den Kriegs- und Fluchtberichten ihrer Eltern aufgewachsen ist und für Frieden und Abrüstung auf die Straße ging. Und auch den heutigen Eltern, Jugendlichen und Kindern. Kaum jemand schafft es, diesen Krieg in Europa auszublenden. Er wütet quasi vor unserer Haustür, fällt ein in unsere Wohnzimmer. Und auch in die Wohngruppen der terra.

Die Bewohner*innen erfahren davon aus Fernsehsendungen und via Internet. Viele können verstehen, was in der Ukraine vor sich geht. Sie würden den russischen Angriffskrieg nicht als massive Völkerrechtsverletzung bezeichnen und die entsetzlichen Vorgänge z.B. in Butscha und anderswo als schwere Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Solche Vokabeln sind Rechtsbegriffe. Aber dass in der Ukraine schlimmes Unrecht geschieht – das wissen sie. Und sie fragen. Der Krieg in der Corona ist immer wieder Thema, in Einzelgesprächen mit den Mitarbeitenden und auch jeden Freitag in der Vollversammlung mit allen Mitarbeitenden, Bewohner*innen und Nutzer*innen.

Einrichtungsleiter Henrik Thunecke berichtet, dass die Bewohner*innen keine unmittelbare Sorge äußern, dass auch auf die terra eine Bombe fällt. Aber sie fragen sich mit Blick auf die Ukraine immer wieder: Wie kann Russland sowas tun, wie kann ein Mensch so denken und handeln wie Putin? „Die Betroffenheit ist schon groß“, sagt Thunecke.

Wie spricht man über den Krieg mit Menschen mit geistiger Behinderung? Die einfühlsame Beantwortung ihrer Fragen kommt einer Gratwanderung gleich:

• Sorgen ernst nehmen, ohne Ängste zu schüren;
•  dem Entwicklungsstand entsprechend informieren, jedoch keine überfordernden oder schockierenden Details ausbreiten;
•   beruhigen, aber nicht bagatellisieren;

•  und dabei zugleich aufmerksam verfolgen, wie viel jemand im Moment wissen möchte – und was vielleicht auch nicht.

Hier sind die Bezugspersonen der Bewohner*innen gefragt – auch wenn sie vielleicht keine Antwort wissen. Heute (Stand Mitte April 2022) können ja selbst erfahrene Politiker*innen nur darüber spekulieren, wie lange der Krieg in der Ukraine noch dauern und ob er sich womöglich ausweiten wird. Aber für die Bewohner*innen wäre es fatal, mit ihren Fragen und Gefühlen allein gelassen zu werden.

Dazu Henrik Thunecke: „Deshalb weichen wir niemandem nicht aus. Wir gehen nicht über Fragen hinweg, wir ignorieren oder bagatellisieren weder Angst noch Unsicherheit. Wichtig ist auch, bei aller Betroffenheit ruhig zu bleiben“, betont Henrik Thunecke und verweist auf die Pandemie, in der eine ruhige Haltung ja auch hilfreich ist. 

Apropos Hilfe: Zurzeit sieht es so aus, dass die ukrainischen Geflüchteten in Deutschland freundlich aufgenommen werden und sofort Unterstützung erfahren. Auch die terra hat schon etwas getan: Sie hat bereits Spendengüter gesammelt, die von zwei Mitarbeitenden schon zweimal an die polnisch-ukrainische Grenze gebracht wurden.

Außerdem haben interessierte Bewohner*innen den Wunsch geäußert, mit Geflüchteten persönlich zu sprechen. Sie möchten ihre Erzählung hören, Interesse und Anteilnahme zeigen. Mit Hilfe der sehr engagierten Klosterfrauen der Evangelischen Lukas-Communität, die ebenfalls in Belau beheimatet sind, konnten erste Kontakte zu Geflüchteten geknüpft werden. „Sie möchten unserer Einladung gern folgen, die Bereitschaft ist da“, sagt Henrik Thunecke. Ein erstes Zusammentreffen zwischen der terra und Geflüchteten soll nun nach Ostern stattfinden.

Foto: iStockphoto/beastfromeast


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