Janes Reitstunden: Alles inklusiv

Dieses ist eine kleine Erzählung aus dem Alltag von Janine. Sie wohnt bei der terra und möchte dort am liebsten Jane genannt werden. Zugleich ist dieses aber auch ein Lehrstück über Inklusion, die die gesamte Persönlichkeit stärken kann.

Jane ist vor einem guten halben Jahr zur terra gezogen. Seitdem lebt sie in der Wohngruppe der sogenannten „jungen Wilden“, wie die Youngster bei der terra liebevoll heißen. Dort passt Jane mit ihren 22 Jahren auch sehr gut hin, obwohl ihr zurückhaltendes Naturell kaum als „wild“ bezeichnet werden kann. Im Gegenteil: Wenn die junge Frau gegen Abend von ihrer Arbeitsstätte – einer Werkstatt für Menschen mit seelischer Behinderung in Dannenberg, die Jane mit dem Auto werktags abholt abholt und zurückbringt – nach Hause kommt, zieht sie sich gern in ihr Zimmer zurück. Denn auch bei der terra wohnt die Vielfalt, hier haben die Menschen wie überall woanders auch ihre jeweils ganz eigenen Charaktere, Temperamente und Bedürfnisse. Und Jane ist eben immer wieder auch gern für sich.

So richtig erinnert sich bei der terra niemand mehr daran, wie das genau kam – aber eines Tages in den vergangenen Wochen offenbarte sich eine ausgeprägte Leidenschaft von Jane: das Reiten. Sie war schon früher mit sehr viel Freude geritten. Ihre Zuneigung zu Pferden und das wunderbare Gefühl, auf deren Rücken die Bewegung dieser kraftvollen Tiere zu spüren, konnte sie bei der terra jedoch nicht umsetzen, denn auf dem Hof in Belau werden keine Pferde gehalten. Fast wäre Janes Sehnsucht unerfüllt geblieben, wenn sich niemand darum gekümmert hätte, wo die junge Frau reiten könnte. Doch die terra kümmerte sich. Sie recherchierte und informierte sich, bis sie eine Lösung gefunden hatte.

Für Jane fündig wurde man ganz in der Nähe von Belau in Bergen/Dumme auf dem Reit- und Ferienhof Schulz. Na gut, den kann ich mir da ja mal anschauen, dachte sich Jane und beschnupperte mit einer Betreuungskraft der terra den Reiterhof. Dann war es schnell beschlossene Sache: Hier wollte sie Reitstunden nehmen!

Und das Gute daran: Hier handelt es sich um inklusive Reitstunden, in denen Menschen mit und ohne Behinderung ganz selbstverständlich in einer Gruppe zusammen unterrichtet werden. Dieser inklusive Ansatz darf nicht mit heilpädagogischem bzw. therapeutischem Reiten verwechselt werden, das sich ausschließlich auf beeinträchtigte Menschen in eigens nur für sie eingerichteten Gruppen richtet.

Nein, auf dem Reiterhof bedeutet inklusiv für Jane: einfach dabei sein, ganz selbstverständlich dazugehören und einbezogen werden, mitmachen zusammen mit anderen. Jeder Mensch hat das Recht darauf, ob mit oder ohne Beeinträchtigung. In der UN-Behindertenrechtskonvention ist das Menschenrecht auf Inklusion festgeschrieben. Auch Deutschland hat diesen Vertrag unterschrieben. Doch auch unser Land muss noch viel dafür tun, dass er eingehalten wird.

Zu ihren ersten Reitstunden wurde Jane dann von der terra nach Bergen im Auto gefahren. Aber schon bald darauf entdeckte die junge Frau den Drahtesel für sich, radelte fortan den Weg von Belau zum Reiterhof mit dem Fahrrad und ließ sich dabei zunächst von der terra begleiten. Er fühlte sich gut an, dieser nächste Schritt in die Selbständigkeit! Nach einer Weile hatte Jane den Weg mit dieser Unterstützung so gut eingeübt, dass sie sich schließlich zutraute, ihn auch allein mit dem Fahrrad zu bewältigen. Und das klappt ganz prima!

Es kann gut sein, dass dieses wachsende Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten auch von Janes Reitstunden gefördert wurde. Denn Reiten hat viele positive Effekte: Einerseits steigert es die Beweglichkeit, trainiert den Gleichgewichtssinn, erhöht die Koordinationsfähigkeit, verbessert die Ausdauer und kräftigt die Muskeln des gesamten Körpers – was alles auch für das Fahrradfahren sehr nützlich ist. Und andererseits reduziert der Umgang mit Pferden erwiesenermaßen persönlichen Stress, fördert die geistigen und sozialen Fähigkeiten und stärkt das Selbstbewusstsein und Vertrauen.

Und weil es sich in Janes Fall noch dazu um inklusives Reiten handelt, ist die ganze Situation für die terra-Bewohnerin einfach perfekt!


Zurück zu Aktuelles