Corona-Zeiten: Zweieinhalb anstrengende Jahre

„Ich bin stolz auf das gesamte Mitarbeiterteam der terra. Alle haben in den letzten 30 Monaten Besonderes geleistet!“, sagt terra-Einrichtungsleiter Henrik Thunecke. Er weiß, dass hinter den Beschäftigten der terra insbesondere in der Begleitung und Betreuung seit Beginn der „Corona-Zeit“ im März 2020 zwei anstrengende Jahre liegen. „Davon ist jeder mächtig geschlaucht“, so Thunecke.

Das ist nicht nur bei der terra so, sondern ein bundesweiter Befund, vor allem bei jenem Personal, das mit Menschen arbeitet: Erzieher*innen, Lehrkräfte, Ärztinnen und Ärzte, Pflegepersonal in Krankenhäusern und Seniorenheimen zum Beispiel. Überall herrscht seit langem chronische Überlastung, niemand kann mal durchschnaufen. Das ist in der Behindertenhilfe nicht anders. Kein Wunder, dass die Krankenstände und Fehlzeiten überall steigen – aber mehr Personalstellen gibt es trotzdem nicht. In der Folge müssen Kolleginnen und Kollegen für Erkrankte einspringen und noch mehr arbeiten, was die Belastung weiter steigen lässt.

Auch die Krankenkassen vermelden für das erste Halbjahr 2022 deutschlandweit auffallend hohe Fehlzeiten bei ihren Versicherten quer durch alle Berufsgruppen. Beispiel: die Techniker Krankenkasse (TK). In ihrem aktuellen Gesundheitsreport berichtet sie, dass der Krankenstand im ersten Quartal 2022 so hoch war wie in keinem Quartal jemals zuvor. Und im ersten Halbjahr 2022 waren ihre Versicherten so lange krankgeschrieben wie noch nie in einem Vergleichszeitraum. Zwar erhöhten sich die Fehltage auch aufgrund von Corona-Infektionen um das Vierfache zum Vorjahr – aber trotzdem spielt dieser Anteil an den gesamten Krankschreibungen über alle Diagnosen hinweg nach wie vor eine sehr untergeordnete Rolle. Der Hauptgrund für Fehltage liegt aktuell im Anstieg nicht-coronabedingter Atemwegserkrankungen wie Erkältungen und Grippe. Ähnliches schildern auch andere Krankenkassen. Immer wieder verweisen sie auf die Zunahme von Rückenleiden und anderen Muskel-Skelett-Erkrankungen, von Atemwegserkrankungen sowie von psychischen Erkrankungen.

Selbstverständlich erfahren Arbeitgeber bei Krankschreibung der Beschäftigten nichts von den Diagnosen, denn eine Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit enthält keinerlei Angaben dazu. Und weder Ärzte noch Krankenkassen dürfen entsprechende Daten an Arbeitgeber herausgeben. Auch Arbeitnehmer*innen müssen ihnen nichts über Art und Ursache ihrer Erkrankung mitteilen. Es lässt sich jedoch denken, dass die Zunahme der Krankschreibungen auch der chronischen (Über)Belastung in den letzten zweieinhalb Jahren geschuldet ist.

Wie sieht die Situation nun bei der terra aus? „Auch wir haben mit hohem Krankenstand zu kämpfen“, bestätigt Henrik Thunecke. „Im ersten Halbjahr 2022 wurden so viele Krankheitstage verzeichnet wie sonst in einem ganzen Jahr in der Vor-Corona-Zeit.“ Natürlich habe es auch bei der terra immer wieder einzelne Corona-Infektionsfälle gegeben, sowohl unter den Beschäftigten als auch in der Bewohnerschaft – „aber zum Glück nie eine richtige Welle.“

Die Arbeitsunfähigkeitsmeldungen ist trotzdem gestiegen, was Thunecke nicht wundert. Schließlich ist auch die Betreuung der Menschen mit geistiger Behinderung in der Corona-Zeit nochmal deutlich anspruchsvoller geworden. Also seit zweieinhalb Jahren. Und kein Ende in Sicht. Der Herbst und Winter stehen vor der Tür – und erfahrungsgemäß steigen da auch die Infektionszahlen. „Jeder Bewohner, der bei uns positiv getestet ist, muss 10 Tage in Quarantäne – selbst wenn er nur gelinde oder sogar gar keine Symptome hat“, informiert Thunecke. Das heißt: Der oder die Betroffene muss 10 Tage im eigenen Zimmer verharren. „Machen Sie ihm das mal klar!“, so der Einrichtungsleiter. Zum Beispiel solche Situationen zu handhaben und so zu begleiten, dass der oder die Betroffene gut durch diese Zeit kommt und nicht durchdreht, verlangt den Betreuenden alles ab. Und vieles mehr ebenso. In der Summe kann Henrik Thunecke das Gefühl der chronischen Überlastung gut nachvollziehen, viele Mitarbeitende seien jetzt einfach „durch“. Umso wichtiger ist ihm immer wieder zu betonen: „Das gesamte Team hat in der Corona-Zeit herausragende Arbeit geleistet und versucht auch nach allen Kräften, den enormen Anforderungen weiterhin zu entsprechen. Ich bin wirklich stolz auf alle!“

Foto: iStock/JamesBrey


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